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Mythos Nr. 2 - Viel hilft viel

Nach diesem Motto trainieren leider sehr viele Fitness-Sportler und erschreckenderweise auch viele mit jahrelanger Trainingserfahrung. Also genau diejenigen, die es eigentlich besser wissen müssten. Einige machen ein 2 bis 2,5 stündiges Krafttraining. Und das nicht nur bei einer, sondern bei jeder Einheit. Keine Frage, auch einige von ihnen werden gewisse Erfolge haben. Unbestritten ist jedoch auch, dass sie mit einem kürzeren Training sogar größere Erfolge hätten erzielen können. Warum das?

 

Die Hormone machen’s aus

Während der ersten Stunde Krafttraining produzieren wir anabole Hormone, welche sich positiv auf den Muskelaufbau auswirken. Wenn Du deutlich über 1 Stunde trainierst, gefährdest Du Deinen Trainingserfolg. Denn nach ca. 1 Stunde reinem Krafttraining (das Warmup wird hier nicht mitgezählt) beginnt der Körper Stresshormone zu produzieren. Diese bewirken einen katabolen Effekt (muskelabbauend). Je länger wir also über 1 Stunde trainieren, umso mehr überwiegen dann die katabolen Hormone, welche dem Muskelaufbau entgegenwirken. Das bedeutet für diejenigen, die nach dem Motto „viel hilft viel” trainieren: Ihr habt nicht nur unnötig lange trainiert, sondern Euren Trainingserfolg sehr wahrscheinlich sogar verringert. Er hätte größer ausfallen können. Also seid clever und spart Euch Zeit und Energie ;-)

 

Es muss nicht immer das Maximum sein 

Neben der hormonellen Situation gibt es natürlich noch andere Faktoren, die dem Prinzip “viel hilft viel” entgegenstehen. Insbesondere Trainingseinsteiger sollten die Intensität ihres Trainings zunächst moderat halten. Das bedeutet: Bist Du ein Trainingseinsteiger, musst Du nicht bei jeder Übung an Deine Schmerzgrenze gehen. Und nicht jede Kraftübung muss bis zum Muskelversagen ausgeführt werden. Viele Studien haben bewiesen, dass bereits ein moderates Training Effekte erzielt. Dies gilt insbesondere bei Trainingseinsteigern. Fortgeschrittene müssen grundsätzlich höhere Reize setzen und auch mehr an ihre Grenze gehen.

Klar, so Sätze wie “No Pain, no gain”, „alles unter 100% ist zu wenig”, „100% oder gar nicht” klingen vielleicht beeindruckender als mein Satz „es muss nicht immer das Maximum sein”. Doch hier stelle ich Dir mal direkt eine Frage: Willst Du mit dem Sport Geld verdienen und zu der absoluten Spitzenklasse gehören? Oder willst Du einfach etwas für Deine Fitness, Gesundheit und Dein Aussehen tun?  Wenn Du bei der zweiten Frage ja gesagt hast, dann nimm Dir lieber meine Ratschläge zu Herzen als die Slogans der vielen „Pumper-Päbste“, die Dir bei Facebook, Instagram usw. begegnen.

Und selbst WENN es Dir, auf Teufel komm raus, darum geht Deine Leistung ganz nach oben zu treiben, selbst DANN sollte Dir trotz hartem Training Deine Gesundheit wichtig sein. Profisportler können ein Lied davon singen. Was bringt es Dir, wenn Du Dich komplett abgerackert hast, um 100 kg bei den Kniebeugen zu schaffen, wenn Du 3 Monate später nicht mal mehr normal Treppen steigen kannst, weil Deine Gelenke einen langfristigen Schaden davon getragen haben?

 

Sehnen, Bänder und Gelenke sinnvoll belasten

Auch Sehnen, Bänder und Gelenke, welche zum Stützapparat zählen, brauchen eine gewisse Zeit, bis sie sich anpassen. Das bedeutet: Wenn Du noch Trainingseinsteiger bist und direkt mit einer intensiven Übung wie beispielsweise Dips anfängst, wird höchstwahrscheinlich die Belastung für Deine Sehnen, Bänder und Gelenke zu hoch sein. Wenn Du es dennoch machst, wirst Du es entweder in den nächsten Tagen schmerzhaft spüren oder aber Du merkst es erst später. Aber Du kannst sicher sein, irgendwann meldet sich Dein Körper. Und dann ist es bereits zu spät. Denn dann liegt meistens schon eine Schädigung vor, die schleichend vorangetrieben wurde.

Ein gutes Beispiel dafür stammt eaus meinem Umfeld. Eine Mitbewohnerin in meiner alten WG war 25 und hatte seit Ewigkeiten keinen Sport mehr gemacht. Da sie aber unbedingt den Wunsch hatte, endlich fitter zu werden und auch fitter auszusehen, fing sie mit Sport an. Sie wählte dafür Freeletics aus, leider! Freeletics war seit einiger Zeit ziemlich angesagt und hatte für sie den Vorteil, dass sie sich in keinem Fitness-Studio anmelden musste. Die Übungen werden nur mit dem eigenen Körper ausgeführt, beinhalten jedoch oftmals einige Sprünge und explosive Bewegungen. Als ich von ihrem Vorhaben hörte, war ich direkt etwas skeptisch. Ich äußerte meine Bedenken, wollte ihr aber auch nicht direkt den Wind aus den Segeln nehmen. Sie legte dennoch los mit dem Training. Immerhin hatte sie es nach vielen Ankündigungen tatsächlich geschafft, den Anfang zu machen. Wenige Wochen später kam, was kommen musste. Sie hatte stechende Schmerzen im Knie, Diagnose Meniskuseinriss. Ihr Stützapparat sowie ihre Muskeln und Faszien waren nämlich noch längst nicht bereit für solch hohe Belastungen und besonders nicht für Sprünge.

Wenn ich dann im TV mitansehen muss, wie ein Detlev D Soost Menschen mit über 140 Kilo Körpergewicht rumrennen und Sprünge machen lässt, kriege ich  zu viel! Möeglicherweise haben diese Menschen sogar anfangs erstaunlichen Erfolg. Sie machen ihre Messung, strahlen in die Kamera und alle sind happy. Doch was aus diesen Menschen wird, wenn sie dieses Training noch ein paar Wochen fortsetzen, sieht keiner. Da ist die Sendung dann vorbei und die Leute können sehen, wie sie mit ihren Verletzungen zurechtkommen (und ihrem Jojo-Effekt). Hauptsache mal möglichst viel in möglichst kurzer Zeit für die Kamera abgenommen. Aels verantwortlicher Fitnesstrainer kann man sich da nur an den Kopf fassen!

 

Fazit: Von 0 auf 100 macht keinen Sinn 

Wer Trainingseinsteiger ist, sollte sich langsam und kontinuierlich steigern und sich Teilziele setzen. Aber auch wer schon länger trainiert, sollte es nicht überreizen. Unser Körper braucht einfach eine Weile, bis er sich an höhere Belastungen anpasst. Mein Tipp: Sei geduldig und plane ausreichend Zeit für Deine Ziele ein. Wenn Du innerhalb von 10 Jahren 20 kg zugenommen hast, kannst Du das nicht in einem Monat wieder abnehmen. Wenn Du durch eine Verletzung zehn Monate nicht trainieren konntest, solltest Du nicht mit dem gleichen Training wie vor 10 Monaten loslegen.

Sich konkrete Ziele zu setzen, ist wichtig. Noch wichtiger aber: Genieße, was Du tust. Wie traurig wäre es, wenn Du erst dann Freude verspürst, wenn Du Dein Ziel erreicht hast? Das kann ja Monate bis Jahre dauern. Ziemlich trübe Aussicht, oder?! Warum solltest Du nicht vorher schon Spaß haben dürfen?

 

Wenn es Dir schwer fällt beim Sport Spaß zu entwickeln, wird es Zeit was zu ändern. Kontaktier mich, gemeinsam werden wir eine Lösung finden, wie Du demnächst genauso Spaß hast, wie die anderen in Deinem Gym.

 

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